„Maikäfer Bullerjan, hat ein braunes Röckchen an“, sang Paula und hüpfte den Gartenweg entlang. „Das ist aber ein hübsches Lied“, freute sich ihre Großmutter. „Kennst du denn überhaupt Maikäfer?“ „Natürlich“, lachte Paula. „In dem Frühlingsbuch von dir sind sie doch abgebildet!“ „Wie konnte ich das nur vergessen?“, erinnerte sich die alte Dame sofort. „Ich meinte aber, ob du richtige, lebende Maikäfer kennst? Ob du sie schon einmal auf deiner Hand hast krabbeln lassen?“ „Nein“, gab Paula etwas enttäuscht zu. „Wo gibt es denn welche?“ „Komm, mein Mädchen, ich will dir etwas erzählen.“ Oma nahm Paula in den Arm und setzte sich mit ihr auf die Bank unter der alten Linde. „Weißt du Paula, als ich einmal klein war, da gab es so viele Maikäfer, sodass mein Vater sie von den Bäumen schüttelte, dass es nur so prasselte im Gras. Wir Kinder sammelten sie ein und warfen sie den Hühnern als Futter hin.“ „Pfui, Oma, das war aber nicht nett von euch, die armen Maikäfer!“, unterbrach Paula empört. „Es waren einfach zu viele“, erklärte die Großmutter und setzte ihre Erzählung fort. „Hätten wir das nicht getan, hätten die Maikäfer die Bäume kahlgefressen. Stell dir einmal vor, viele Bäume ohne Blätter, das wäre doch auch traurig gewesen.“ „Schon“, gab Paula zu. „Aber jetzt haben wir gar keine Maikäfer mehr.“ Paula blickte traurig. „Ja, leider wurden es immer weniger von Jahr zu Jahr. Als deine Mutti klein war, gab es noch ab und zu welche. Opa ging mit deiner Mutti in den Wald, wenn es Mai war. Er musste aber so manchen Baum schütteln, ehe ein Käferlein herabfiel. Schnell suchte deine Mutti den Käfer und brachte ihn mit nach Hause. Sie hielt dort schon eine Schachtel mit frischen Blättern bereit. Dort hinein sperrte sie das Käferlein. Da Maikäfer nur ein kurzes Leben haben, durfte deine Mutti ihr Käferlein nur einen Tag behalten. Dann musste sie ihm die Freiheit wiedergeben. Sie saß an diesem Tage nur bei ihrem Kästchen und beobachtete den Käfer. Wollte es seine Flügel zum Fluge aufspannen, schloss sie schnell den Deckel des Kästchens. Am nächsten Morgen bekam der Maikäfer dann seinen Freiflug und deine Mutti freute sich schon den nächsten Mai, so wie du dich auf Ostern oder Weihnachten freust. Denn dieses Käferlein war etwas ganz Besonderes für sie.“ „Ich möchte auch einen Maikäfer!“, rief jetzt Paula und kuschelte sich an ihre Großmutter. „Ich kenne nur die aus deinem Buch.“ In diesem Moment fiel plötzlich, wie von Zauberhand, etwas vom Baum herab und als Paula hinsah, lag auf ihrem Schoß ein Maikäfer. Die Beinchen in die Luft gestreckt. Ganz behutsam half Paula ihm, sich aufzurichten. Schon nach kurzem, nutzte der kleine Käfer seine Beinchen, um an Paulas Finger hinauf zu krabbeln. „Ein Maikäfer!“, staunte Paula. „Wir wollen ihn aber nicht einsperren. Wenn er möchte, darf er wieder fliegen“, lächelte sie glücklich. Schon bald pumpte der Käfer seine Flügel auf und flog in den Sonnenschein. Paula konnte es kaum fassen. Sie hatte einen echten Maikäfer auf der Hand gehalten. Diesen Maientag, in Omas Garten, vergaß Paula nie. © Christina Telker
Maikäfer
Maikäfer sitzt auf seinem Blatt,
und isst sich hier so richtig satt.
Dann schaut er in den Sonnenschein
und freut sich, auf der Welt zu sein.
"Komm, spiel mit mir", lockt Sumsebrum,
dem Maikäfer ist das zu dumm.
„Ich bin ein Herr in dunklem Frack,
nein spielen macht mir keinen Spaß!“
Der Sumsebrum denkt so bei sich,
wie töricht dieser Käfer ist.
Sitzt nur den ganzen Tag herum
und findet dies noch nicht mal dumm.
Maikäfer krabbelt noch hervor,
auf seinem Blatt, der dumme Thor.
Damit ihn jeder sehen kann,
zeigt er sich noch, der dumme Mann:
„Kommt her, ihr Leute, schaut mich an!
Ich bin der Schönste weit und breit,
in meinem samtig, braunen Kleid.
So schön ist keiner anzusehn,
betrachtet mich, bleibt doch mal stehn!“
Das sieht der Kiebitz, kommt herbei,
und meint: „Ein fettes Mahl, juchhei!
Das werde ich mir schmecken lassen,
stürzt schnell herab und kann ihn fassen.
Der Prahler ist im Nu verschluckt,
egal ob er sich wehrt und zuckt.
Der Kiebitz schließt die Augen zu,
hält gut gesättigt Mittagsruh.
© Christina Telker