„Heut gehen wir zu Oma, heut gehen wir zu Oma“, trällerte Paula schon am frühen Morgen vor sich hin, als sie die Augen aufschlug. „Ja, heute bringe ich dich zur Oma, bevor ich zur Arbeit gehe. Es ist schön, dass du dich so darauf freust“, antwortete lächelnd die Mutti, „Habt ihr euch denn schon etwas vorgenommen für den heutigen Tag?“ „Ja, haben wir, aber das wird nicht verraten. Du erfährst es, wenn du mich abholst“, entgegnete Paula. „Du machst es aber spannend. Ich muss nun den ganzen Tag warten und weiß nicht, was mein Mädchen heute macht“, gab sich die Mutti etwas traurig und wollte sehen, ob Paula auf diese Art etwas verriet. „Dafür wirst du am Nachmittag von mir überrascht“, lächelte Paula und gab der Mutti einen Kuss. „Na dann mal los, meine Große, sonst komme ich noch zu spät zur Arbeit.“ Schnell zog sich Paula an und hüpfte bereits die Treppe hinunter. Bei Oma angekommen, stieg Paula schnell aus dem Auto aus, winkte der Mutti noch einmal zu und begrüßt stürmisch die Oma, die schon auf sie gewartet hatte. „Oma, Oma, welchen Kuchen backen wir heute“, konnte es die Kleine gar nicht erwarten. „Nun komm erst einmal rein, zieh dich aus, wasch dir die Hände und dann ab in die Küche“. Schnell kam Paula der Bitte der Oma nach und konnte es kaum noch erwarten, dass es losging. „Was hältst du von einem Papageienkuchen?“ Erkundigte sich Oma jetzt. „Oh, ja, das ist mein Liebster! Darf ich nachher wieder den farbigen Teig auf dem Blech verteilen?“ „Darfst du, aber erst müssen wir den Teig rühren. Was brauchen wir denn zuerst?“ Testete Oma Paulas Wissen. „Butter und Eier“, begann Paula richtig mit der Aufzählung, „und damit er schön süß wird, den Zucker“ Schon oft hatte Paula mit ihrer Oma Kuchen gebacken. Sie freute sich immer besonders auf den Tag, da Oma sie vieles alleine machen ließ. „Dann schlag mal die Eier auf“, wurde sie nun auch schon aufgefordert. Paula war stolz auf das Lob der Oma, die immer wieder staunte, wie gut Paula diese Tätigkeit verrichtete. Nun wurde der elektrische Rührbesen eingeschaltet und Paula durfte ihn halten. „Jetzt noch das Mehl“, forderte Paula die Oma auf, als der Teig so richtig schön schaumig war. „Das nächste Mal kannst du ja schon den Kuchen alleine backen“, freute sich Oma.
Als der Teig schön bunt auf dem Blech verteilt und das Blech im Backofen war, kuschelte sich Paula an ihre Oma und meinte: „Jetzt kommt eine Geschichte.“ „Ja, Paula, jetzt kommt eine Geschichte. Komm, setzt dich neben mich, hier können wir gut beobachten, wann der Kuchen fertig gebacken ist.“
„Jetzt möchte ich doch mal wissen, ob mein Mädchen auch weiß, wo die Zutaten für unseren Kuchen herkommen?“ „Ach Oma, das ist doch langweilig“, fing Paula schon an zu maulen. „Langweilig? Na dann sag mir doch mal, wo das Mehl herkommt?“ stellte Oma ihre erste Frage. „Aus der Kaufhalle“, antwortete Paula stolz. „Stimmt, aber woher holen es die Kaufhallen?“ Forschte Oma weiter und schon schwieg Paula. „Siehst du, so langweilig ist das nämlich gar nicht und jetzt werde ich dir eine Geschichte erzählen. Du weißt, dass ich auf einem Bauernhof aufgewachsen bin. Kaum war der Winter vorüber, wurde der Acker umgepflügt, dann ging der Bauer mit dem Samen über den Acker und säte das Korn aus. Es wurde in die Furchen gestreut, sanft zugedeckt, damit die Vögel nicht dort ihren Hunger stillten. Das Korn musste nun wachsen und gedeihen. War im Sommer dann das Korn gewachsen und die Ähren leuchteten goldgelb in der Sonne, kamen die Schnitter und mähten das Korn ab. Fleißige Helfer banden es zu Garben und fuhren es mit Pferdewagen auf den Hof, wo die Ähren in großen Dreschkästen gedroschen wurden. Dort fielen dann die Körner heraus und wurde im Sack aufgefangen.“ Paula hatte aufmerksam gelauscht und kam aus dem Staunen kaum heraus. Oma erzählte von Dingen, die sie nie gehört hatte. „So viel Arbeit und es war immer noch kein Mehl“, überlegte sie jetzt. „Nein, es war immer noch kein Mehl. Dieses Korn wurde nun zur Mühle gefahren. Der Sohn des Müllers war mein Schulfreund. Er war damals der Einzige in unserem Ort, der ein Auto besaß. Manchmal geschah es, dass sein Vater uns von der Schule abholte, dann brauchten wir den weiten Schulweg nicht zu Fuß zu gehen.“ „Ein Auto? Das gibt’s doch gar nicht!“ Paula zweifelte an den Worten der Oma. „Aber nun sag mir nur, wie wurde aus dem Korn, Mehl“, wollte Paula es nun genau wissen. „Das Korn wurde nach dem Dreschen zum Müller gebracht und dort zu Mehl gemahlen. Nun kam es zum Bauern zurück oder wurde von ihm in die Geschäfte verkauft.“ „Das war richtig spannend, Oma“, gab nun Paula zu, „wenn du erzählst, vergeht die Zeit wie im Fluge. Und wie ist es heute?“ „Das Korn wächst immer noch auf dem Acker, aber all die Arbeiten, die früher mühselig von Landarbeitern verrichtet werden mussten, erledigen heute Maschinen. Dies geht leicht und schnell. Aber, schau mal, unser Kuchen ist fertig“, Oma öffnete die Tür des Backofens. „Nun werden wir in den Park zu den Enten gehen und wenn am Nachmittag die Mutti kommt, wird sie staunen, wenn du ihr erzählst, wo das Mehl wirklich herkommt.“ „Ganz bestimmt“, gab Paula zu. © Christina Telker

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
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Omas Lesezimmer-Geschichten für unsere Jüngsten 0