Wie schön war es doch, mit der Oma durch die Wiesen zu radeln. Begeistert saugte Laura die Erlebnisse ein, die sie bei jedem Tritt in die Pedale begleiteten. Als Stadtkind hatte sie sehr selten die Möglichkeit in den Feldern und Wiesen unterwegs zu sein. So hatte Oma ihr für die ersten Sommerferien versprochen, eine Radtour mit ihr zu unternehmen. Heute waren sie schon den zweiten Tag unterwegs. Sie hatten ein kleines Zelt mitgenommen und rasteten, wo es ihnen gefiel. Das waren Ferien, ganz anders als ihre Schulfreundinnen sie erlebten. ‚Mal sehen, wer am Ende mehr zu erzählen hat‘, dachte Laura so bei sich. Immer wieder brach die Kleine in Jubelrufe aus, wenn sie vom weiten einen Hasen bei seinen Sprüngen übers Feld beobachten konnte oder ein Froschkonzert vom nahen Weiher erlebte. „Oma, sieh mal“, „Oma, hör mal“, so ging es den ganzen Tag.

Gerade hatte die Oma einen schattigen Platz unter einer alten Weide gefunden und die Decke hingelegt. Sie breitete die mitgebrachten Leckerbissen auf der Decke aus. „Kaffee oder Tee?“, fragte sie ihre Enkelin nun. Die Kleine schaute ihre Oma fragend an. „Seit wann bekomme ich Kaffee?“, fragte sie nun erstaunt. Jetzt ging ein Schmunzeln über das Gesicht der Großmutter. „Seit ich Kinderkaffee mitgenommen habe“, war die Antwort. „Kinderkaffee? Das musst du mir erklären.“ Jetzt wurde das Mädchen neugierig. Genau das hatte die Großmutter sich gewünscht, denn ihr war bei den Vorbereitungen zu ihrer Fahrt eingefallen, dass sie ihrer Kleinen noch nie von dem Kaffee ihrer Kinderzeit erzählt hatte. Gemütlich setzten sie sich auf die ausgebreitete Decke und Oma begann zu erzählen.

„In meiner Kindheit nach dem Krieg, konnte man sich Kaffee nicht leisten, weil er sehr teuer war. Also ließen sich die Menschen etwas einfallen. Sie griffen auf die Erfahrungen ihrer Ahnen zurück. Nicht nur aus Kaffeebohnen konnte man Kaffee kochen, sondern auch aus Gerstenkörnern, die man auf der Pfanne röstete und getrockneten Wurzeln des Löwenzahnes, konnten man einen Ersatzkaffee herstellen.“ „Und das schmeckt? „, erkundigte sich Laura erstaunt. „Die Menschen sind erfinderisch in Zeiten der Not. Bei uns stand immer eine Kanne Muckefuck auf dem Herd, sodass jeder, der Durst bekam, davon trinken konnte.“ „Was ist Muckefuck?“ Wieder wollte es das Mädchen genau wissen. „Muckefuck nannte man Kaffee, der aus den unterschiedlichsten Ersatzstoffen erstellt und aufgebrüht war.“ „Und das Zeug soll ich jetzt trinken?“, erkundigte sich Laura erstaunt. „Nein, das war nur ein Scherz, meine Kleine. Du bekommst wie immer deinen Lieblingstee. Da wir jedoch heute an vielen Getreidefeldern vorbeikamen, wollte ich dir diese Geschichte einmal erzählen. Weißt du eigentlich noch, wie die Getreidesorten hießen, die du heute gesehen hast?“ „Natürlich“, antwortete Laure, „das waren Gerste, Hafer, Weizen und Roggen.“ „Dann wünsche ich uns beiden jetzt einen guten Appetit“, endete die Oma ihre Erzählung. „Danke, für die Geschichte.“ Laura umarmte ihre Großmutter. „Ich wusste gar nicht, dass es so viele Getreidearten gibt und dachte, man kann aus den Körnern nur Mehl mahlen. Wie werden meine Freundinnen staunen, wenn ich ihnen das erzähle.“ „Darum hast du dir ja auch von jeder Sorte eine Ähre mitgenommen, damit deine Freundinnen die Getreidesorten auch selbst sehen können.“ „Das war eine tolle Idee. Ich werde gut auf sie aufpassen.“ Mit Genuss biss das Mädchen in ihre Käsesemmel.© Christina Telker

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
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Omas Lesezimmer-Geschichten für unsere Jüngsten 0