Sommerregen

 

Grau und verregnet sah der Himmel aus. In diesem Jahr ließ sich die Sonne nur selten blicken. Für die Natur und die Tiere war das schlimm. „Meine Kinder können das Fliegen nicht lernen“, jammerte Frau Meise. „Es ist viel zu nass. Sie brauchen mehr Sonne, um Wachsen und Gedeihen zu können.“ „Meine Kleinen erfrieren, im nassen Gras, bei dem Wetter!“, stöhnte Frau Häsin im vorbeihoppeln. „Da müsst ihr erst mal sehen wie es bei mir ist!“, piepste Frau Feldmaus aufgeregt, „unsere ganze Wohnung steht schon unter Wasser!“ „So kann das nicht weitergehen“, mischte sich Frau Eule in das Gespräch. „Wir müssen schnellstens eine Versammlung einberufen und sehen, wie wir eine Lösung schaffen können.“ Alle waren damit einverstanden und so wurde für den Abend eine Versammlung der Tiere einberufen.

Der Specht wurde beauftragt, die Nachricht durch den Wald zu trommeln, damit alle Tiere Bescheid wüssten. So stellten sich am Abend die Tiere ein, in der Hoffnung, einer von ihnen wüsste die rettende Lösung. Zuerst ging es recht still zu, da keines der Tiere einen brauchbaren Vorschlag vorzubringen hatte. Plötzlich hörten sie eine feine Stimme: „Ich könnte versuchen, euch zu helfen.“ „Wer bist du? Nenn uns deinen Namen!“, fragte Frau Eule, die die Versammlung leitete. „Ich bin ein kleiner Regentropfen“, war abermals eine piepsige Stimme zu vernehmen. „Das kommt gerade recht!“, fing Frau Häsin an zu schimpfen! „Ein Regentropfen und gerade er möchte uns helfen? Durch euch sind wir doch erst in diese Lage gekommen! Deshalb geht es uns ja so schlecht.“ „Nun lass ihn doch erst mal reden, ihr habt doch keine Vorschläge zur Hilfe anzubieten“, befahl Frau Eule.

„Ich denke mir das so“, begann der kleine Regentropfen nun erneut. „Ab und zu scheint ja auch die Sonne.“ „Ja ab und zu, da hast du recht“, mischte sich die Drossel erbost ein. „Ich hatte gebeten, den Regentropfen reden zu lassen“, wiederholte Frau Eule ihre Aufforderung, an die versammelten Tiere. „Also“, fuhr der Regentropfen fort, „wenn die Sonne scheint, gibt es auch meist im Sommer bei Regen einen Regenbogen. Auf diesem Regenbogen könnte ich hinauf zur Wolke klettern. Ich würde der Wolke eure Sorgen und Probleme vortragen und wir würden sicher eine Lösung finden“. „Die Idee ist nicht schlecht“, meinte die Eule, lässt es uns versuchen. So warteten jetzt alle auf den Regenbogen. Die Meinung der Tiere war sehr unterschiedlich. Einige meinten: „Das schafft der kleine Tropfen nie!“. Andere wieder warteten spannend auf das Ergebnis und vertrauten dem kleinen Tropfen. Nach drei Tagen, zur Mittagszeit, ließ sich nach einem erneuten, kräftigen Regenguss die Sonne blicken. Strahlend lachte sie vom Himmel und kurz darauf erschien ein prachtvoller Regenbogen. Unser Tröpfchen hatte gespannt auf seinen großen Moment gewartet. Schnell erklomm es den Regenbogen und kletterte, so schnell es konnte, hinauf. Tröpfchen musste sich sehr beeilen, da ein Regenbogen ja nur kurze Zeit besteht. Als Tröpfchen bei der Wolke angekommen war, sprudelte es auch gleich mit seinem Auftrag heraus. „Frau Wolke, ich komme soeben von der Erde, auf dem Regenbogen bin ich hinaufgestiegen und muss mit dir reden.“ „Wie kannst du es wagen, von der Erde einfach nach oben zu kommen?“, brummte die alte Wolke böse. „Ich habe euch auf die Erde geschickt, um dort eure Aufgaben zu erfüllen!“ „Das weiß ich“, antwortete Tröpfchen, „aber was zu viel ist, ist zu viel! Die Tiere können ihre Jungen nicht großziehen, weil es zu kalt und zu nass ist. Der Bauer kann kein Heu für den Winter machen, die Kinder müssen in der Stube bleiben und können nicht im Sandkasten spielen oder baden gehen. Und das alles nur, weil zu viel Regentropfen auf die Erde fallen und die Sonne zu wenig scheint.“ „So habe ich das noch nie gesehen“, meinte die Wolke. Die Sonne hatte alles mit angehört und meinte: „Wir werden beide gebraucht. Jeder im richtigen Maß. Scheine ich zu lange und zu viel, muß alles auf der Erde verdorren. Regnet es zu lange, müssen auf der Erde Pflanzen und Tiere leiden. Wir wollen das beide nicht. In Zukunft werden wir uns absprechen und jeder von uns soll Menschen und Tieren nutzen.“ „Einverstanden“, meinte die Wolke daraufhin. Tröpfchen stieg schnell in sein Wolkenbett und träumte von seinem Abenteuer. Die Menschen und Tiere auf der Erde freuten sich von nun an über den schönen Sommer. Nur die Tiere wussten, dass sie das alles dem kleinen Tropfen zu verdanken hatten und dachten oft an ihn. (Christina Telker)

 

 

 

 

 

 

 
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