Brummel erblickt das Licht der Welt

 

Eine Tasse Kaffee auf dem Tisch, verträumte Musik klingt aus dem Radio. Auf dem Sessel sitzt Susanne und näht ihren x-ten Teddy. Susanne kann sich nichts Schöneres vorstellen, als sich einen Bären nach dem anderen in ihrem Zimmer hinzusetzen. Auf Susannes Bett kuscheln sich bereits fünf kleine Bären. In der Küche steht ein Bärchen mit Kochmütze. Ihre Liebe zu den brummenden Gesellen kennt keine Grenzen. Hat sie ihren anstrengenden Arbeitstag im Geschäft hinter sich, gibt es für sie keine bessere Entspannung, als sich einen neuen Teddy zu schneidern. Heute soll ‚Brummel‘ das Licht der Welt erblicken.

„Brummel, mein Kleiner“, redet Susanne bereits mit ihm. „Für dich habe ich einen Platz in meinem Bücherregal ausgesucht. Du wirst mein Leseteddy, bei meinen Büchern wird es dir nie langweilig werden und abends kannst du mir erzählen, was du gelesen hast.“

Brummel hatte zwar noch keine Augen, aber schon seinen eigenen Dickkopf. ‚Das ist mir viel zu langweilig. Ich will die Welt entdecken’, denkt er bei sich. Bis jetzt kann er jedoch noch nichts zu Susannes Vorschlag sagen. Die ‚Bärenmutti‘ nähte bis tief in die Nacht hinein, weil sie den Kleinen nicht halb fertig fortlegen möchte. „Morgen zeige ich dir deine Kameraden, die musst du schließlich kennenlernen“, verspricht Susanne, bevor sie sich endgültig für heute zur Ruhe begibt.

Als die junge Frau das Zimmer verlassen hat, schüttelt Brummel einmal sein Fell, streckt seine Glieder und begibt sich auf Entdeckungstour. Da die Sommernacht lau ist, kann er durch das geöffnete Fenster schlüpfen. Gleich hinter dem Haus führt ein Weg in den Wald. ‚Hier werde ich mich zuerst umsehen’, nimmt sich Brummel vor. Da jedoch auch Bären bei Nacht lieber schlafen als wandern, sucht er sich einen großen Baum, unter dem er sich ausstreckt. Gemütlich ist es hier im weichen Gras. Mond und Sterne leuchteten ihm und Frau Eule ließ ihr dumpfes buhu, buhu erklingen.

 

Susanne sitzt in ihrem Zimmer,

sie hat ein Bärchen in dem Arm.

Sie liebt die kleinen, braunen Wuschels,

sie gibt ihr Herz, sie hält sie warm.

Der Brummel öffnet seine Augen,

er sieht sich um in seiner Welt.

Er denkt, ‚ich möchte was erleben,

ich gehe hin, wo's mir gefällt.’

Er macht sich heimlich auf die Pfoten,

huscht schnell und leis zum Fenster raus,

er möcht das Leben selbst entdecken,

im Zimmer hält er es nicht aus.

Brummel im Wald

 

Als Brummel am nächsten Morgen die Augen aufschlug, dachte er zuerst einmal über den gestrigen Abend nach. ‚Was war da nur gewesen?‘ Da rief es auch schon tief unter ihm: „Wo kommst du denn her und wer bist du?“ Wer hatte da gerade mit ihm gesprochen, überlegte der kleine Bär? Wie sehr er sich auch umsah, er sah niemanden. Doch da hörte er schon wieder diese Stimme. ‚Nun muss ich mir die Sache doch mal genauer ansehen‘, nahm sich der kleine Bär vor. Er erhob sich und untersuchte sein Umfeld. „Hier sind wir, hier!“ Brummel schaute in das kleine Loch, auf dem er eben noch gesessen hatte. ‚Von dort sollte die Stimme kommen?‘ In dem Moment sah auch schon ein kleines graues Köpfchen aus einem Erdloch. „Man sieht, du hast keine Ahnung! Hast noch nicht viel erlebt, sonst wüstest du, dass wir Mäuse in der Erde unsere Wohnung haben. Aber nun sag schon, wer bist du und wo kommst du her?“ „Ich bin Brummel, ein kleiner Kuschelbär. Susanne hat mich gestern Abend genäht. Ich bin auf dem Weg in die weite Welt. Nun wird es wohl auch Zeit, dass ich mich auf die Pfoten mache, sonst geht der Tag zur Neige und ich bin immer noch hier.“ „Na dann werde ich dir erst einmal etwas zu essen bringen, wer weiß wann du das nächste Mal wieder etwas zwischen die Zähne bekommst“, schlug Frau Waldmaus vor. „Danke, wenn du meist?! Immerhin habe ich einen weiten Weg vor mir.“ Gerne genoss er die leckeren Speisen, die Frau Maus auftrug, um danach frisch gestärkt seine Wanderung anzutreten. Immer der Nase nach. ‚Die Waldwege sind ganz schön uneben‘, dachte er oft, wenn er wieder einmal über eine Wurzel gestolpert war und auf der Nase lag. Manches Mal musste er eine kleine Pause einlegen, weil die Pfoten schmerzten.

„Hei, was bist du denn für ein fetter Happen“, erkundigte sich Meister Reinecke, der vor seinem Bau in der Mittagssonne lag. „Ich bin kein fetter Happen, ich bin Brummel. Und wer bist du?“ Brummel war etwas wütend auf den Grobian. „Ich bin ein Fuchs, und du hast Glück, dass ich gesättigt bin, heute Morgen gab es Hasenbraten. Sonst hätte ich dich nicht so hier vorbeiziehen lassen.“ „Du bist ja ein richtig böser!“ Brummel nahm die Beine in die Hand und trabte so schnell er konnte weiter.

Käfer summten um seinen Kopf und grüßten den kleinen Wandergesellen. Erschöpft ließ er sich auf weichem Moos nieder. Gerade als er die Augen für ein paar Minuten geschlossen hielt, um sich zu entspannen, kam Vivien mit ihrer Mutti durch den Wald. Sofort erblickte sie Brummel. „Mutti, Mutti sieh nur, dort sitzt ein kleiner Teddy, den hat bestimmt ein Kind vergessen!“ Schon stürmte das kleine Mädchen auf den Bären zu und hob ihn auf. Brummel wusste zuerst gar nicht wie ihm geschah, ein Entrinnen war jedoch unmöglich. „Lass mich runter! Hilfe!“, versuchte Brummel sich strampelnd zu wehren, leider ohne Erfolg, denn Vivien verstand ihn nicht und nahm ihn mit nach Hause.

Brumm, der kleine Teddybär,

kommt dort in dem Wald daher.

Vivien hat ihn grad gesehen,

will ihn nicht mehr lassen gehen.

Doch der Brummel will noch weiter,

denkt sich seine Welt recht heiter.

Drum schlüpft er aus ihrem Bett,

wenn es dort auch ist ganz nett.

„Vielleicht find ich einen Freund,

dass wir können dann vereint;

uns die weite Welt besehn“,

denkt er, und wird weiter gehn.

 

 
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