Sie wurden auch scherzend die Unzertrennlichen genannt von ihren Freunden. Gerd und Babsi kannten sich, solange sie denken konnten. Lange war das nicht, denn die Beiden hatten gerade ihren fünften Geburtstag gefeiert. Der Zufall wollte es, dass Babsi nur wenige Tage älter war als Gerd. Die Kinder wohnten im gleichen Haus und gingen in die gleiche Gruppe des Kindergartens. Dies sollte sich jetzt ändern. Gerds Eltern hatten beschlossen, fortzuziehen. Gemeinsam mit den Großeltern hatten sie sich ein Haus gebaut. „Unsere neue Wohnung liegt nur eine Autostunde entfernt“, trösteten die Eltern die Kinder. Aber diese wussten es besser. Sie kannten ihre Eltern und ihre stets so wichtigen Termine. Jetzt hielt der Möbelwagen vor dem Haus. Gerds Eltern warteten bereits im Auto, als er sich von seiner kleinen Freundin verabschiedete. Plötzlich entdeckte der Junge am Straßenrand ein unscheinbares blaues Blümchen. Er bückte sich, pflückte die Blume und reichte sie Babsi mit den Worten: „Vergiss mein nicht!“ Behutsam hielt das Mädchen die kleine Blume in den Händen, während ihr die Tränen über die Wangen liefen. Später presste sie diese Blume und bewahrte sie ein Leben lang auf. Immer wenn Babsi eine dieser Blumen in späteren Jahren sah, musste sie an Gerd und seine Worte denken: ‚Vergiss mein nicht‘. Für sie war es 28 eine liebe Erinnerung, gleich einem Versprechen, aber gleichzeitig auch der Name der Blume. Viele Jahre später trafen sich die Beiden auf der Uni im Hörsaal wieder. Zum ersten Treffen brachte Babsi das gepresste Vergissmeinnicht und zeigte es Gerd. Von nun an trennten sich die Beiden nicht mehr. In ihrem Vorgarten blühten, wie ein Teppich, jedes Jahr im Frühling die Vergissmeinnicht. © Christina Telker

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
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